Nitrit (NO²)... Horror für Anfänger ? Es ist alles garnicht so schlimm :)

  • Ich schreibe hier jetztmal aus meiner eigenen (derzeitigen) Erfahrung, was den Nitritpeak angeht und hoffe,
    das viele Anfänger der Aquaristik ( so wie auch ich einer bin ) diesen Thread hier lesen und ich ihnen (mit Hilfe von @Harley aus diesem Forum, ein wenig den Schrecken nehmen kann.

    Zur Entstehungsgeschichte:

    Es war einmal ein Mann, welcher (mit Zureden seiner Frau) ein reges Interesse an der Aquaristik entwickelte.
    Schon als kleiner Junge begeisterten ihn Aquarien, nur konnte er sich das damals einfach nie leisten.
    Auch später war das Thema eigentliich so gut wie nie präsent, da es zu dieser Zeit eher um Arbeit, Kinder, Haus und Hof ging.
    Für Hobbies blieb da keine Zeit. Lange Rede, kurzer Sinn ... jetzt hat er eins ^^


    Der grosse Traum war(und ist) ein Meerwasserbecken. Jedoch zerschlug sich diese Idee recht schnell.
    ( Finanziell einfach nicht möglich), doch das kannte er ja bereits und so hörte er auf die Stimme der Vernunft (seine Frau) und plante auf Süsswasser um.
    Jedoch wollte er nicht irgendein, langweiliges Fischibecken....bunt sollte es sein.
    Nach Befragung der "Allwissenden" Tante Go, fiel die Wahl dann sehr schnell auf "Malawi´s".


    Also.... Becken stand und so fuhren sie los, um Deko, Sand und Technik zu kaufen.
    Zu Hause angekommen, wurde Sand ins Becken geschüttet, Steine drappiert, der Filter angeschlossen und mit Technik für Wasserwechsel versehen.
    Jetzt lief das erste mal Wasser ins Becken ein tolles Gefühl.


    Da er sich ja nun belesen hatte, das ein Becken erstmal "einfahren muss", lies er es auch brav knappe 3 Wochen in ruh.
    Anfangs noch hatte das Wasser eine eher grünliche Färbung und roch schier "erbärmlich", was sich aber nach kurzer Zeit legte.
    Auch die im Becken (an den Scheiben und auf den Steinen) befindlichen Luftblasen, verzogen sich zusehens. Das Wasser klarte auf und es sah einfach alles toll aus.


    Nur ein Becken ohne Fische ist kein Aquarium :)


    Wissend (dank Tante Go), das sich vor dem Einsetzen der Fische, das Wasser in einem bestimmten Zustand befinden muss, besorgte man sich ein Wassertestset.
    Am nächsten Morgen wurden nun alle relevanten Tests gemacht und notiert. Das Wasser befand sich in einem tadellosen Zustand, also jetzt Fischi´s her.
    Man bekam (sehr günstig) 17 Tiere 3er verschiedener Gattungen. Aber Pflanzen sollten doch auch noch rein und diese wurden dann (an der Zahl 5) bei einem hiesigen Fre****apf erstanden.
    Wohl gewählte Pflanzen für Barschbecken.
    Auch noch ein paar weitere Steine wurden sehr günstig erstanden, das noch am Rande ^^
    Zu Hause stand dann alles bereit ^^ und sämtliche guten Vorsätze waren dahin (im Nachhinein ist man immer schlauer).


    Und nun kommt die Verkettung gemachter Fehler.

    • Die Tiere wurden zwar 2 Std. ruhig stehen gelassen, jedoch befanden sie sich noch immer in jenem Wasser, welches aus dem vorherigen Becken stammte. Das man die Tiere jedoch hätte ersteinmal in einem seperaten, saubereren Behältnis an das "eigene" Wasser gewöhnen soll, wusste man nicht.
    • Es wurden Pflanzen und weitere Deko (zwar gut gewaschen) eingebracht und dann nicht weiter abgewartet. Man wusste nicht, das gerade neue (gekaufte) Pflanzen sehr oft hochbelastet sind (NO2).
    • Die Tiere wurden dann ( um ihnen weiter Stress zu ersparen) SAMT DEM BRACKWASSER aus dem Vorbecken eingesetzt .... ich könnte mich dafür heute noch ohrfeigen ! :cursing:

    Warum schreibe ich das ?


    Weil es eben haargenau die Fehler sind, welche Neuaquarianer generell machen. Man möchte eben ein Aquarium und das möglichst schnell. Also geht man (meisst) genauso vor, wie ich es getan habe. Man ist unwissend, trotz sich belesen zu haben. Man testet ja vorab die Wasserwerte, aber ohne einen (auch nur blassen) Schimmer zu haben, was welcher Wert eigentlich besagt, geschweige denn, worum es sich überhaupt dreht, oder?


    Gravierend war wohl Fehler 3, denn die Tiere waren gut und gerne 3-4 Std. in dem Wasser. 17 Tiere aus Beckenauflösung in ca. 15 Liter Wasser. Diese wurden beim Transport (über eine Stunde) regelrecht durchgeschüttelt. Seegang 12 wäre da wohl noch harmlos gewesen. Da kann man noch so vorsichtig fahren, das schwappt wie verrückt. Also blanker Stress für die Tiere, die dann dementsprechend "ausscheiden". Ja, gewiss auch aus Angst. Und dann nimmt man eben genau dieses Wasser und kippt das samt Tiere (zwar ganz behutsam) ins Becken. Ich würde sagen ..... eine echte NO2 Bombe.


    Wie dem auch sei, passiert ist passiert.


    Die erste "Kontrollmessung" der Wasserwerte (am nächsten Morgen) viel dann auch dementsprechend aus !


    Nitritwert 0,8 ... ALAAAAAAAAAARM
    Wasserwechsel und das schnell. Also erstmal 50% Wasser raus und neues rein. Nachdem dieses vollzogen war, lag der NO2 Wert noch immer bei 0,6.
    Also selbe Prozedur nochmal. Diesmal kam der Wert auf 0,3, sodass erstmal Pause war. Etwas später am Abend dann noch einmal. Wert vorher 0,4 .... danach 0,2.
    Der nächste Morgen war dann, Ihr ahnt es sicher schon, auch wieder mit einem sofortigen Wasserwechsel verbunden.


    Und nun kommt @Harley ins Spiel ^^


    Seine erste Reaktion war, das er mir erstmal die Panik nahm.
    NO2 ist sicher nicht gut für die Fische, aber dennoch kein Grund um in heillose Panik zu verfallen.
    Er erklärte mir ersteinmal, was es mit diesem Nirtrit auf sich hat und das mein Becken eben noch lange nicht eingefahren ist.


    Erläuterung: Und jetzt wird´s interessant :D

    Als erstes muss man wissen, das ein neu eingerichtetes Becken "fast" keine Bakterien enthält, welche aber für ein funtionierendes Aquarium benötigt werden.
    Leitungswasser (wird ja für gewöhnlich) genommen, ist biologisch gesehen fast totes Wasser. Es enthält weder Ammonium, noch Ammoniak.... geschweige denn Nitrit.


    Was passiert also jetzt im Becken, wenn wir es neu einrichten, bepflanzen und mit Leitungswasser befüllen ?

    • Ersteinmal so ziemlich gar nix ^^, denn es bedarf an abgestorbenen Pflanzenteilen und anderen (toten) Organismen. Warum ? Abgestorbene Pflanzenreste und andere tote Organismen scheiden Eiweisse aus, welche wiederum von Bakterien in Ammonium umgewandelt wird. Dieses Ammonium wird durch den Säurewert des Wassers ( PH Wert ) in das giftige Ammoniak (NH³) umgewandelt. Erst wenn dieser Prozess beginnt, ruft es wiederum weitere Bakterien auf den Plan, die Nitrosomonas-Bakteiren. Diese wandeln das Ammoniak in das giftige Nitrit (NO²) um. Aber, da Nitrit für Organismen "giftig" ist, hat Mutter Natur die Nitrobacter Bakterien erfunden. Diese bauen das Nitrit dann in Nitrat (NO³) um, welches dann wiederum ungiftig ist.
    • Diese Nitrobacter sind es letzten Endes, welche unser System (denn nix anderes ist es) im Gleichgewicht halten.
    • Jede Zugabe von Pflanzen oder Tieren "belastet" erst einmal dieses System ( Mehr Ammonium, dann Ammoniak, weiter zu Nitrit ), sodass es (logisch) wiederum mehr Nitrobacter bedarf, um das Gleichgewicht wieder herzustellen. Nitrobacter jedoch wachsen nicht einfach so, sie brauchen (wie jeder Organismus) Nahrung. Diese Nahrung ist das Nitrit (NO²), welches sie in Nitrat (NO³) umwandeln. Heisst also, ohne Nitrit keine Nitrobacter, oder?

    Was bedeutet das jetzt für unsere Aquarien ?


    Wenn der Nitritwert steigt, zeigt es uns doch nur, das der Kreislauf in die Gänge kommt. Da Nitrobacter aber eine gewisse Weile brauchen, um sich so zu vermehren,
    das das Gleichgewicht stimmt, können wir nix anderes tun, als zu verdünnen. Das tun wir in Form von (notfalls) täglich - wenn es sein muss, mehrfachen - Wasserwechseln.
    Alles andere braucht halt Zeit, Zeit und nochmal Zeit.
    Keine Panik, es wird sich irgendwann einpendeln und die Wasserwechsel werden weniger.


    Nur eben gut aufpassen, die Werte kontrollieren und die Tiere beobachten.
    Die Tiere zeigen Euch, das es ihnen zu schlecht geht.
    Eine Nitritvergiftung erkennt man daran, das

    • die Fische, trotz ausreichendem Sauerstoff an der Wasseroberfläche schwimmen und nach Luft schnappen.
    • Warum tun sie das ? Nitrit (NO²) bindet den im Blut der Fische befindlichen Sauerstoff, sodass es zu einer Unterversorgung mit Sauerstoff kommt. Sie haben quasi das Gefühl zu ersticken.
    • Schnellere, beinahe hektische Atmung... erkärt sich von selbt ^^^
    • Verschrecktes und/oder apathisches Verhalten.... jeder weiss, Panik ist heftig und wer um sein Leben kämpfen muss ?
    • Plötzlich tote Fische... (klar,oder)

    Alles in Allem ist alles nicht ganz sooooooooooo dramatisch, wenn man eben aufpasst. Ein waches Auge und ein quäntchen Gefühl reichen aus, um dieser Misere Herr zu werden.


    Klar, ich (man) muss jetzt täglich 1,2 notfalls 3x das Wasser wechseln (jedesmal 400l) aber das sehe ich als "Lehrgeld" und eine wichtiger Erfahrung.


    Mein besonderer Dank an dieser Stelle geht noch einmal an @Harley. Er hat es mir erklärt undmich so auf den richtigen Weg gebracht, auch die wirklich wichtigen Artikel zum Thema "Nitrit" zu lesen #thumbsup#

    Lieben Gruß,


    Sven


    <<< jeder Weg beginnt mit dem ersten Schritt >>>

  • Huch wo ist mein Beitrag hin?
    Also von vorn.


    Hi Sven,


    Top Beitrag #thumbsup#


    Genau die Fehler, wie Du sie beschrieben hast, habe ich vor 20 Jahren auch gemacht. Ständig sind bei mir die Fische draufgegangen. In meinen Augen war immer unser Fachhändler schuld (schlechte Fische usw.).
    Genau so war es mit dem Wasser, immer schneller verdreckte es, das Becken veralgte, Pflanzen gingen ein usw. Bis ich letzendlich das Hobby an den Nagel hing. Ich hatte damals null Ahnung!
    Aber heute ist es anders. Dank des Internets und vorallem Dank dieses Forums habe ich sehr viel gelernt und bin damit noch nicht am Ende.

    VG
    Silvio :whistling:

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